17.09.2009 10:15:00

„Schwerer Verkehrsunfall, mehrere Personen eingeklemmt, weiteres folgt.“ – Fachdienstübung SICHMANET am 29.08.2009

An der Fachhochschule Köln wird seit geraumer Zeit zu Möglichkeiten der verbesserten Patientenversorgung und der Patientenerfassung bei Großschadenslagen geforscht.

Das Projekt MANET hat sich zum Ziel gesetzt, den Informationsfluss und die Organisation bei solchen Ereignissen durch den Einsatz von elektronischer Datenerfassung zu verbessern. Im Rahmen dieses Forschungsprojektes fand am vergangenen Samstag im Katastrophenschutzzentrum Köln eine groß angelegte Übung statt, wir stellten mit unserem Rüstwagen einen Teil der Einheiten zur technischen Rettung.

Schwerer Verkehrsunfall nach dem gemeinsamen Frühstück


Für die drei teilnehmenden Kameraden unserer Löschgruppe begann der Tag schon recht früh. Aufstehen, einkleiden, Fahrzeug einsatzbereit machen. Die Abfahrt ins knapp 30 Kilometer entfernte Veedel „Bilderstöckchen“ am anderen Ende von Köln war für ungefähr 8 Uhr eingeplant.

Der Aufstellungsraum der Einsatzkräfte: Die Menge an Fahrzeugen entspricht in etwa den realen Bedingungen eines Einsatzes, wie er hier als Übung simuliert wurde. Einsatzort war der Hof des Katastrophenschutzzentrums Köln in der Robert-Perthel-Straße.



Nach dem Eintreffen am Katastrophenschutzzentrum meldeten wir uns für die Übung an, kurz darauf stand schon das gemeinsame Frühstück mit allen Beteiligten bereit. Mitten zwischen den Kameraden von der Feuerwehr und den
Gemeinsames Frühstück: Gut gestärkt geht es zur ersten Übung.
Rettungsdienstmitarbeitern saßen Jugendliche mit klaffenden Risswunden am Arm, andere hatten deutliche Prellmarken im Gesicht. Im Rahmen der Übung wurden auch Kräfte zur realistischen Unfalldarstellung eingesetzt, die sich offenbar schon teilweise geschminkte hatten.

Schlange stehen an der Kaffeekanne.
Keine Fotos! Laut Anweisung der Projektverantwortlichen waren Fotos während der Übungen für uns tabu. Einerseits ist das ein bisschen schade, andererseits im Interesse des Schutzes der neuen Technologien aber durchweg verständlich. Sehen Sie es uns also bitte nach, wenn an den interessanten Stellen dieses Berichts keine Fotos der eigentlichen Übungen zu sehen sind.

Gut gestärkt für den Einsatz folgte dann eine kurze Einweisung in die zwei für diesen Tag geplanten Übungen, die Einteilung der Fahrzeuge und die Bekanntgabe der geplanten Alarmierungsreihenfolge. Im Aufstellungsraum angekommen nahm auch der Funkverkehr auf dem bis dahin stillen Übungskanal 489 langsam Fahrt auf. Der Fernmeldedienst der Feuerwehr Köln exerzierte die Funkprobe, es meldeten sich etliche
Vor Übungsbeginn: Ein kurzer Blick auf eines der Unfallfahrzeuge.
Löschfahrzeuge verschiedenster Bauart, mehrere Rettungswagen und neben unserem Rüstwagen auch der RW1 der Löschgruppe Dünnwald. Kurz darauf ertönte ein Signalhorn – der Startschuss zur Übung war gefallen.

Ein Rettungswagen wurde über Funk alarmiert: Verkehrsunfall auf einer Landstraße, mehrere PKW beteiligt. Als erstes Fahrzeug an der Einsatzstelle gab der RTW seine Rückmeldung: Verkehrsunfall, vier PKW beteiligt, 12 bis 15 verletzte Personen, mehrere Personen eingeklemmt oder eingeschlossen, weitere Kräfte erforderlich.

Warten auf den ersten Einsatz: Was soll daran so toll sein…

Im Aufstellungsraum stieg die Spannung schon leicht an, seitens unserer Einheit erwarteten wir aber keine großen Unterschiede zu anderen Übungen (außer vielleicht die parallel arbeitende Anzahl von Kräften). Es vergingen einige Minuten, bis von der Übungsleitstelle nachalarmiert wurde. In einer weiteren Nachforderung lief dann auch der Einsatz für unseren Rüstwagen auf, wir fuhren die Einsatzstelle an. Der uns zugeteilte, hintere Einsatzabschnitt bestand aus zwei nur leicht deformierten PKW mit eingeschlossenen Personen. Die nach und nach aus den PKW befreiten Insassen – allesamt Mitglieder des RUD Teams Hövelhof e.V. – sorgten aus dem Stand heraus für eine sehr realistische Gesamtwirkung des Szenarios. Hier verschwand dann auch plötzlich das „ist ja nur eine Übung“-Gefühl. Zwischen den
Warten auf den Einsatz: Ein kurzer Plausch vor der Alarmierung.
Fahrzeugen schlichen Beobachter des MANET-Projekts mit Kameras umher, die „Sichter“ bedienten ihre Handheld-Computer zur Erfassung der Patientendaten. Schreiende Personen wurden zur Patientenablage gebracht, andere hingen noch in den PKW fest. Die medizinische Versorgung und schrittweise Befreiung der Fahrzeuginsassen ließ die Zeit scheinbar fast stillstehen. Immer wieder wurden Vitalparameter kontrolliert, Entscheidungen getroffen, Tragehilfe geleistet. Plötzlich war Ruhe, alle Patienten waren befreit und an den Rettungsdienst übergeben. Irgendwo im Hintergrund fand schließlich der Patiententransport seinen Abschluss, es ertönte wieder das Signalhorn.

Kurze Verschnaufpause: Einsatznachbesprechung, Mittagessen und Flüssigkeitszufuhr

Im Anschluss an die erste Übung trennten sich die Wege von Rettungsdienst und Feuerwehr wieder, die Einsatznachbesprechung stand an. Das rettungsdienstliche Vorgehen ist ganz klar der Schwerpunkt im MANET-Projekt, die Arbeit der Feuerwehr „nur“ schmückendes Beiwerk. Dementsprechend wurden die Kameraden vom Rettungsdienst intensiv befragt, um ihre Erfahrungen auswerten zu können. Bei der Feuerwehr verlagerte sich die Diskussion eher in den einsatztaktischen Bereich, Fachsimpeleien und Planungen für die anstehende zweite Übung standen im Vordergrund.

Bereits während der Nachbesprechung fanden die bereitgestellten Getränke sehr schnell ihre Abnehmer. Bei sonnigem Wetter wurde es unter der Einsatzkleidung schnell warm – die ausgeschwitzte Flüssigkeit will ersetzt werden.

Nach dem gemeinsamen Mittagessen regenerieren sich die Einsatzkräfte an der frischen Luft. Ganz wichtig: genug trinken.
Als einziger Kritikpunkt in der ersten Übung stellte sich die Kennzeichnung der Beobachter heraus. Diese waren nicht ausreichend mit Westen ausgestattet. Übungsleiter Benedikt Weber erklärte dies prompt und nachvollziehbar: „Wir haben eine ausreichende Zahl an Kennzeichnungswesten bestellt, aber die wurden bis heute nicht geliefert.“ Das Problem wurde zur zweiten Übung provisorisch gelöst.

Nach dem gemeinsamen Mittagessen stand noch eine kurze Regenerationsphase an, Getränke wurden gebunkert oder schon im Voraus getrunken. Die anstehende zweite Übung würde schließlich auch wieder einiges fordern.

Und nochmal: Schwerer Verkehrsunfall, mehrere Personen eingeklemmt, weiteres folgt.

Durch die Umverteilung der Alarmierungsreihenfolge wurden wir im Rahmen der zweiten Übung deutlich früher eingesetzt. Eintreffen an der Einsatzstelle als drittes Fahrzeug, der Rettungsdienst arbeitet bereits an und in den Fahrzeugen.

Übungsleiter eingeklemmt? Nicht ganz. Er inspiziert nur eines der Übungsfahrzeuge.
Unser Fahrzeugführer erkundet die Lage, weist die Vornahme der Rettungsgeräte zu einem Fahrzeug im ersten Einsatzabschnitt an und nimmt selbst die Betreuung einer verletzten Person in die Hand. „Unser“ Unfallfahrzeug, ein grauer und leicht deformierter Kleinwagen, beinhaltet vier verletzte und eingeschlossene Personen. Zusammen mit dem Angriffstrupp des ersteintreffenden Tanklöschfahrzeugs der Löschgruppe Heumar wird die patientengerechte technische Rettung vorbereitet, nach und nach werden die Scheiben entfernt und die hydraulischen Rettungsgeräte betriebsbereit gemacht. Die Patientenversorgung dauert weiterhin an, als der Leitende Notarzt die Pateinten untersucht. Plötzlich ertönt das Wort, dass man eigentlich nicht hören möchte: „Crahsrettung, sofort“ lautet die Anweisung des Notarztes und es passierte … nichts. Das erwartet Vorgehen wäre gewesen, dass sich der Rettungsdienst bis auf ein Mindestmaß vom Fahrzeug zurückzieht und die technische Rettung voll hochgefahren wird – notfalls wird der Patient dann ohne weitere Rücksicht auf Krach und Erschütterungen aus dem Fahrzeug befreit. Vielleicht ist dieser „Patzer“ der Übungssituation zuzuschreiben, vielleicht entspricht es aber auch einer wirklichen Lage dieser Größenordnung. Mancher Kommunikationsversuch geht unter oder trifft einfach den Falschen. Da die Vorbereitungen für die Abtrennung des Fahrzeugdaches ohnehin fast abgeschlossen waren, dauerte es nur noch wenige Minuten, bis alle vier Patienten aus dem Fahrzeug befreit waren.

Abschluss des Übungstages: Kuchen und ein dickes Lob

Auch mit den überregional angereisten Kollegen – hier ein RTW des DRK-Ortsverbandes Lippstadt – klappte die Patientenversorgung reibungslos.
Gegen Ende des Übungstages wurden die Spuren der Unfälle beseitigt, damit das Katastrophenschutzzentrum wieder halbwegs geordnet verlassen werden konnte. Zur Belohnung gab es Kaffee und Kuchen und überraschend positive Worte von den Organisatoren. Die Arbeit der Feuerwehr hatte offenbar für das ein oder andere Lob der Beobachter aus Forschung und Industrie gesorgt, was uns natürlich sehr freut. In der für alle Beteiligten ungewohnten Situation der Übung war das Ergebnis in der Tat beachtlich. Die Kooperation mit dem teils überregional angereisten Rettungsdienst und den Löschgruppen der Feuerwehr Köln, die sonst überwiegend mit der Berufsfeuerwehr agieren, hat perfekt funktioniert.

Gegen kurz vor 17 Uhr kehrten wir dann wieder nach Libur zurück. Dafür, dass für diese Übung ein eigentlich freier Tag am Wochenende geopfert wurde, hat sich der ganze Aufwand aus unserer Sicht durchaus gelohnt.

Unser Resümee: Viel gesehen, einiges geleistet und jede Menge gelernt.

Nach heutigem Stand werden alle Patienten bei einer Großschadenslage zwar mit einer sogenannten Patientenanhängetasche NRW versehen, eine zentrale Erfassung aller betroffenen Personen findet aber nicht statt. Lediglich am Behandlungsplatz oder beim Transport wird der Weg des Verletzten dokumentiert. Unter anderem hier setzt das Projekt MANET an, in dem es den „Werdegang“ eines Patienten intensiv verfolgt. Für die Zukunft wird ein solches System sicherlich unvermeidbar sein. Auch wenn in Richtung der Feuerwehr leider relativ wenige Informationen zu den Funktionen des Systems durchgesickert sind, konnte das Gezeigte doch von einem positiven Trend in die richtige Richtung überzeugen.

Bezogen auf die im Rahmen der Übung an uns gestellten Anforderungen können wir uns für die Einladung dazu nur bedanken. Selten war es bisher möglich, den Ablauf eines solchen Geschehens zu erleben. Besonders beeindruckend war der zeitliche Verlauf der Rettungsmaßnahmen: Einige Dinge dauern ihre Zeit – das wurde hier hervorragend verdeutlicht. Ein besonderes Lob geht auch die Mitglieder des Teams zur realistischen Unfalldarstellung, die die Szenerie komplett gemacht haben. Wir sind uns einig: Sofern MANET erneut eine Übung veranstaltet, machen wir gerne wieder mit.
Autor: Daniel Schuboth

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