03.09.2009 12:20:00

Ausbildung: Atemschutzgeräteträger – Teil 2

Lesen Sie im zweiten Teil unseres Berichts zur Ausbildung zum Atemschutzgeräteträger, was im Rahmen der Modulausbildung der Feuerwehr Köln so alles vermittelt wird. Das Programm ist umfangreicher, als Sie wahrscheinlich denken werden.
Nachdem die Funktionsweisen von Atemanschluss und Pressluftatmer bereits in den ersten Ausbildungstagen ausführlich besprochen und die erste Übung auf der Atemschutzstrecke absolviert wurde, standen für Patrick Neumann und Daniel Schuboth noch einige weitere Themengebiete auf dem Lehrplan. Dazu ging es erstmal zurück auf die Schulbank, um sich mit physikalischen, chemischen und biologischen Gegebenheiten auseinanderzusetzen.

Atemgifte – Was warum, wie viel und wie schwer?

Tatsache ist: Es gibt Stoffe, die durch die Aufnahme über die Atemwege eine schädigende Wirkung auf den menschlichen Körper haben. Dazu zählen aus Sicht der Feuerwehr nicht nur die Substanzen, die eine direkte Giftwirkung haben, sondern auch – und hier ausschließlich – gasförmige Stoffe, die den Luftsauerstoff unter ein für die Atmung erforderliches Mindestmaß herabsetzen.

Die Konfrontation mit Atemgiften im Feuerwehreinsatz ist allgegenwärtig, der Bedarf an entsprechenden Schutzmöglichkeiten ist daher mehr als gegeben. Neben dem klassischen Beispiel Brandrauch, einem Gift-Cocktail aus Verbrennungsprodukten und Pyrolysegasen, Schwebstoffen und anderen ungesunden Dingen, gehören auch Einsatzszenarien wie ein Chemieunfall oder der Suizidversuch durch PKW-Abgase in der heimischen Garage dazu.

In der Feuerwehrschule werden dazu die theoretische Grundlage zum Verständnis des Atemvorgangs beim Menschen vermittelt. Von der Physiologie der Atemwege über die Aufnahme des Luftsauerstoffs in den Alveolen lernt man einiges, was nach dem Biologieunterricht wieder in Vergessenheit geraten ist. Die Aufarbeitung der biochemischen und physikalischen Prozesse der Sauerstoffaufnahme und der Abatmung von Kohlenstoffdioxid sind eine der Voraussetzungen zum Verständnis der Giftwirkungen von Atemgiften. Neben den Einteilungen der Atemgifte in die drei Gruppen „erstickende Wirkung“, „Reiz- und Ätzwirkung“ und „Wirkung auf Blut, Nerven und Zellen“ wird auch die Gefährdung verdeutlicht, die ein erhöhter CO-oder CO2-Gehalt in der Atemluft mit sich bringt.

Als weiteres Schwerpunktthema werden die Eigenschaften verschiedener Stoffe – vorwiegend Stoffe, die in die Kategorie „Atemgift“ fallen – besprochen. Was ist Gas und was ist Dampf, was wiederum ist ein Aerosol? Wie schwer ist eigentlich Luft und welche Stoffe sind demnach leichter oder schwerer als Luft? Glauben Sie uns: Nach der Ausbildung wissen Sie im Schlaf, wie schwer ein Kohlenstoffatom ist und wie sich Expansionskälte auf das Verhalten von Gasen auswirken kann.

Zurück auf der Atemschutzübungsstrecke – es wird ernst

Ab dem Tag 6 der Ausbildung zum Atemschutzgeräteträger stand nun das Training mit den Pressluftatmern auf dem Programm. Schon seit dem Eintritt in die Feuerwehr weiß man, dass der Tag kommen wird … dennoch steigt die Spannung merklich an, wenn man sich zum ersten Mal das Tragegestell auf den Rücken schnallt.

300 Bar auf dem Rücken: Der Feuerwehrmann trägt seinen Luftvorrat mit sich herum. Die Geräte dazu erfordern einiges an Fachwissen und eine Menge Übung.



Das Trainingsprogramm hat es in sich: Neben der Atemschutzstrecke, die wir bereits einmal mit einem Schraubfilter vor der Nase (beziehungsweise am Atemanschluss) begangen haben, machen sich die knapp 16 Kilo des BD 96 vor allem auf der Endlosleiter deutlich bemerkbar – spätestens beim dritten Durchlauf der Leiter wird deutlich, wer noch etwas an seiner Kondition arbeiten muss und wer nicht.

Jede Übungsrunde sieht wie folgt aus:
Live von der Atemschutzstrecke: Die Endlosleiter und der Hammer.

  • Einsteigen in einen Tank, warten bis die gesamte Übungsgruppe im Tank ist
  • Aussteigen aus dem Tank
  • 10 Meter Endlosleiter
  • 10 x Hammerziehen (20 Kg)
  • Durchlaufen der Atemschutzstrecke
  • 10 x Hammerziehen (20 Kg)
  • 10 Meter Endlosleiter
  • 10 x Hammerziehen (20 Kg)
  • 10 Meter Endlosleiter
  • 10 x Hammerziehen (20 Kg)
  • 10 Meter Endlosleiter
  • 10 Meter Endlosleiter

Die meisten Kameraden aus dem Lehrgang haben pro Abend zwei solcher Übungen absolviert. Nach jedem Durchlauf wurde merklich, dass der Luftverbrauch sank und der Restdruck in der Flasche mehr wurde – beim einen deutlich, beim anderen weniger deutlich.

Nach der Übung wird das Gerät wieder einsatzbereit gemacht.
Der Wechsel der Druckgasbehälter nach der Übung bildet den Abschluss eines jeden Trainingsdurchlaufs. Dabei ist natürlich auf korrektes Arbeiten zu achten, schließlich wird das Gerät danach wieder eingesetzt. Es braucht ein wenig Übung, bis die leere Flasche zügig gegen eine volle getauscht wurde und die Bebänderung wieder ordentlich verstaut ist.

Auf das wir es nie brauchen werden: Das Notfalltraining

Die Ausbildungsordnung der Feuerwehr Köln sieht vor, dass jeder Teilnehmer vier der oben beschriebenen Belastungsübungen absolviert und ein Notfalltraining durchläuft.

Dieses Notfalltraining spielt sich ausschließlich auf der Atemschutzstrecke – also im „Käfig“ – ab, die Kraftübungen an Hammer und Leiter entfallen. Die Aufgabenstellung ist dennoch anspruchsvoll: Es gilt, als Angriffstrupp eine Übungspuppe mit einem Gewicht von (angeblich) 70 Kilogramm durch die Strecke zu bewegen. Gefühlt wiegt diese Puppe deutlich mehr. Schon das Anheben eines Beines wird schnell zur Schwerstarbeit, wenn der Rest der Puppe die Mithilfe verweigert. Im Verlauf der Übung wird durch ein Mitglied des Angriffstrupps eine Verletzung simuliert, das Absetzen der Notfallmeldung durch den
Sandsäcke in Menschengestalt: Die Übungspuppen sollen über die Strecke bewegt werden - selbst ohne Pressluftatmer wäre das eine Herausforderung.
Angriffstruppführer folgt auf dem Fuße. Während der Sicherheitstrupp vorgeht (wir hatten sogar den Luxus, zwei Sicherheitstrupps in Bereitstellung zu haben), kümmern sich die verbleibenden Mitglieder des Angriffstrupps um ihren verletzen Kameraden. Neben einer vernünftigen Sitzhaltung zur Erleichterung der Atmung wird natürlich auch der verbleibende Druck in der Atemluftflasche kontrolliert. Der ersteintreffende Sicherheitstrupp übernimmt danach den Verletzen, tauscht bei Bedarf den Pressluftatmer aus und stellt die Transportfähigkeit des Kameraden her. Der Angriffstrupp setzt unterdessen seinen Weg über die Strecke fort, um am Ausgang eine weitere Übungspuppe aufzunehmen und diese zurück zum Eingang durch die Strecke zu bugsieren. Hier stößt man dann langsam auch an seine Grenzen. Die Kraft schwindet, der Druck in der Atemluftflasche ebenfalls. Nach und nach schlagen dann auch die ersten Fülldruckwarner der Pressluftatmer an – der Luftvorrat geht zur Neige.

Ziel der Übung: Die eigenen Grenzen erforschen. Eigentlich nichts anderes, als man bei den Übungen vorher auch gemacht hat. Und doch wird schnell deutlich, was es heißt, im Ernstfall eine bewusstlose Person transportieren zu müssen.

Da nun alle Lehrgangsteilnehmer ihre Pflichtübungen absolviert haben, kann der Übungstermin am folgenden Tag entfallen. Das schafft Zeit, um sich auf die anstehende Prüfung vorzubereiten. Der Stoff der letzten Wochen will nochmals gründlich gelernt werden, denn schon Übermorgen steht die Prüfung an.

Showtime: Bei der Prüfung kann man zeigen, was man kann.

Die Abschlussprüfung zum Atemschutzgeräteträger besteht aus insgesamt drei Teilen, die es aufeinander aufbauend zu bestehen gilt. Die schriftlich-theoretische Prüfung umfasst 10 Fragen, die teilweise recht kniffelig sind. Mehr dazu soll an dieser Stelle nicht verraten werden.

Zum Sachkundenachweis gehört auch die Atemschutzüberwachung und das Ausfüllen der Plaketten.
Teil zwei der Prüfung ist der Sachkundenachweis am Gerät. Hier achtet der Prüfer penibel darauf, dass die Einsatzkurzprüfung durch den Prüfling korrekt durchgeführt und eventuelle Fehler erkannt werden. Stimmt der Fülldruck und hält das Schlauchsystem den Druck über eine Minute annähernd konstant? Schlägt der Fülldruckwarner beim richtigen Druck an? Ist das Gerät augenscheinlich betriebsbereit? Ganz nebenbei legt man in dieser Zeit seine Schutzkleidung an und prüft den Atemanschluss mehrfach auf dichten Sitz. Sofern das Gerät betriebsbereit ist, wird es angelegt – der praktische Teil der Prüfung kann beginnen.

Die praktische Prüfung ist eine schon fast luxuriöse Belastungsübung, wie wir sie bereits im Vorfeld mehrfach absolviert hatten. Zwischen den Hammer- und Leiterübungen gibt es kurze Verschnaufpausen von knapp einer Minute. Das spart erstaunlicherweise sehr viel Luft. Wo man bei den Übungen schon mal mit einer pfeifenden Flasche von der Leiter stieg, bleibt es bei der Prüfung totenstill. Nach Abschluss der Prüfung folgt dann eine Weile des erwartungsvollen Hoffens, denn eine weitere Prüfungsgruppe tritt an, bevor die Ergebnisse verkündet werden. Nach ewtas mehr als einer Stunde steht dann fest: Unsere beiden Kandidaten aus der Löschgruppe Libur haben die Prüfung bestanden und sind nun bereit für den Einsatz unter Atemschutz. Nach Abschluss der gesamten Truppmann-Ausbildung gegen Ende des Jahres stehen dann zwei weitere Kameraden für den Einsatz im Angriffstrupp bereit.
Autor: Daniel Schuboth

Kommentare zu diesem Bericht:

04.09.2009 15:19:21, Smirnoff

Super Bericht Daniel!
p.s. wehe wir sehen dich heute Abend nicht! ;)

19.10.2009 01:14:29, Becker

Krach am Stamnmtisch: Ein Kollege von einer betreiblichen Berufsfeuer behauptet, dass die ausgeatmete Luft keinen Wasserdampf enthält. 5 Mann kennen das anders. Jetzt hat er ein Dutzend Seiten aus dem Internet gezogen miot Atemgasanalysen. Da kommt tatsächlich in keiner Beschreibung der Ausatemgaszusammensetzung Wasserdampf vor. Warum aber beschlägt dann beio kaltem Wetter meine Brille, wenn ich sie anhauche?
Bitte helfen Sie: Wasserdampf in der Ausatemluft oder nicht? Am besten mit Hinweis auf eine Interquelle.
Besten Dank

19.10.2009 10:50:00, Feuerwehr Libur - Daniel Schuboth

Guten Tag Herr Becker,

vorweg: mit Ihrer Meinung und einem Stimmgewicht von 5:1 haben Sie auf jeden Fall Recht. Die Ausatemluft des Menschen enthält Wasser in Form von Wasserdampf – in der Regel sogar mehr als die zuvor eingeatmete Luft.

Die Tatsache, dass Atemgasanalysen in der Regel nicht den Wassergehalt ausweisen, ist korrekt. Dies hängt einfach damit zusammen, dass das Wasser im Rahmen dieser Diagnoseverfahren keine Rolle spielt. Vielmehr stehen hier die „wichtigen“ Gase Sauerstoff, Stickstoff, Kohlenstoffmonoxid und Kohlenstoffdioxid und zum Teil andere Spurengase im Vordergrund. Weiter entfernt von den Atemgasanalysen, wie sie auch im Bereich der Notfallmedizin angewandt werden, existieren weitere labortechnische Verfahren zur Diagnostik, bei denen auch der Wassergehalt eine Rolle spielt (sogenanntes „Atemkondensat“, vgl. http://www.bgfa.ruhr-uni-bochum.de/publik/info0202/atemexhalat.php).

Die Behauptung, dass Atemluft keinen Wasserdampf enthält, ist also schlichtweg absurd. Normale Raumluft enthält den umgebungstypischen Feuchteanteil, wie ihn das Hygrometer anzeigt. Auf dem Weg durch den menschlichen Körper wird diese Luft im Bereich der oberen Atemwege weiter angefeuchtet und aufgewärmt. Nach erfolgtem Gasaustausch in der Lunge wird über die Ausatemluft entsprechend mehr Feuchtigkeit abgeatmet. Dies ist ein Teil des sogenannten „unsichtbaren Schwitzens“ und mitunter wichtig für die Wärmeregulation des Körpers.

Ihr Stammtisch-Mitglied, das bei einer Werkfeuerwehr tätig ist, kann – Atemschutztauglichkeit und Übungsmöglichkeiten vorausgesetzt – bei der nächsten Atemschutzübung sogar deutlich beobachten, dass die Einatemluft angefeuchtet wird: Die Atemluft in den Pressluftflaschen der Atemschutzgeräte der Feuerwehr ist sehr trocken, beim Ausatmen beschlagen die Sichtscheiben des Atemanschlusses („Gasmaske“) teilweise recht ordentlich. Über diesen Weg der Luftbefeuchtung scheidet der Körper ein teilweise beachtliches Maß an Feuchtigkeit (bis zu 1 Liter pro Tag) aus.

Im Rahmen Ihres Stammtisches können Sie den Wasserdampf in der Atemluft auch mit einem einfachen Experiment nachweisen. Nehmen Sie ein leeres, trockenes und möglichst kühles Glas zur Hand, das – vor den Mund gehalten – den Mund abdichtet aber die Nase frei lässt. Atmen Sie so über die Nase ein und in das Glas aus, lassen Sie dabei die Ausatemluft an den Glasrändern entweichen. Spätestens nach dem fünften, tiefen Atemzug können Sie an der Wand des Glases den Wasserdampf in Form von kondensierten Wassertropfen sehen.

Einen entsprechenden Nachweis auf Internet-Seiten finden Sie hier:
Wikipedia: Artikel „Luft“, Abschnitt „Wasserdampf“: http://de.wikipedia.org/wiki/Luft#Wasserdampf

Beitrag kommentieren

Sie können diesen Beitrag kommentieren. Geben Sie dazu bitte mindestens einen Text (Pflichtfeld, markiert mit ►) ein. Ihre E-Mail-Adress wird - sofern angegeben - natürlich nicht veröffentlicht.

Wir behalten uns die Freischaltung oder auszugsweise Wiedergabe
der von Ihnen eingegebenen Inhalte vor.

Name:
E-Mail-Adresse:
Ihr Kommentar:
Eingabe
erforderlich!
© 2009-2025 Feuerwehr Köln – Löschgruppe Libur   ·   Impressum   ·   Kontakt   ·   Datenschutzerklärung