22.11.2009 17:12:00

Ausbildung: Retten nach dem „Kölner Modell“

Warum auch nicht? Wir sind in Köln, warum sollten wir uns dann nicht auch so benehmen? Schließlich heißt es hier am Rhein des Öfteren „dat hammer immer esu jemaat“, wenn alt hergebrachte Dinge von Außenstehenden in Frage gestellt werden.

Für die Feuerwehr heißt das: In Köln wird von den ansonsten landesweit annähernd einheitlich umgesetzten Dienstvorschriften abgewichen, da andere Vorgehensweisen für sinnvoll erachtet werden. Als wohl deutlichste Änderung sieht das „Kölner Modell“ vor, dass der Angriffstrupp – um eine weitere Einsatzkraft verstärkt – von drei Einsatzkräften gebildet wird. Es entfällt im Gegenzug die Position des Melders, denn auch in Köln besteht eine Löschgruppe nur aus neun Bediensteten der Feuerwehr.

Der Angriffstrupp der Feuerwehr Köln: Drei (hoffentlich bestens gelaunte) Kameraden.



Wie auch schon in den vorangegangenen drei Berichten zum Thema Ausbildung der Feuerwehr Köln, so begleiten wir auch heute wieder unsere beiden Feuerwehrmänner Patrick Neumann und Daniel Schuboth, die ihre Grundausbildung nun fast vollständig abgeschlossen haben. Als Dritter im Bunde war auch Christian Steinert als weiterer Vertreter der Liburer Wehr auf dem Lehrgang zugegen.

Unsere drei Kameraden aus Libur: Daniel Schuboth, Christian Steinert und Patrick Neumann (v.l.)
Das Ausbildungsmodul 14 der Feuerwehr Köln trägt den Namen „Kölner Modell/Retten“ und besteht aus einem Abend theoretischem Unterricht in der Feuerwehrschule und zwei kompletten Samstagen mit praktischer Ausbildung. Auf der Schulbank lernen die „Azubis“ erstmal, was das Kölner Modell überhaupt ist. Warum machen wir Sachen anders und – vor allem – was wird alles anders gemacht? Das sind die entscheidenden Kernfragen, die im klassischen Frontalunterricht abgearbeitet werden. Neben dem Aufbau des „Kölner Löschzugs“ wird vermittelt, warum zum Beispiel der Angriffstrupp mit drei Mann (oder Frau) besetzt wird, wie sich der Trupp im Innenangriff zu verhalten hat und wie vermisste Personen gesucht (und hoffentlich auch gefunden und gerettet) werden. Soweit die Theorie.

Der erste Samstag mit der praktischen Ausbildung steht an und beginnt, wie etliche der letzten Samstage, recht früh. Aufstehen kurz nach 6, die Abfahrt zur Feuerwehrschule ist für 7 Uhr angesetzt. Herr Fuchs, unser Ausbilder, hatte schon kurz angedeutet, welche Übungen uns heute erwarten
Vorbereitung zur Übung: Die Trupps rüsten sich aus, andere schauen noch mal nach dem Material.
werden. Worte wie „Steigeturm“, „3 C-Rohre unter Atemschutz“, „Innenangriff“, „nichts sehen“, „Notfalltraining“ oder „mehrere vermisste Personen“ geben die Marschrichtung an. Man darf gespannt sein.

Personal-Luxus: Das Einbinden von Geräten und dem Schlauch, was hier der Melder macht, fällt sonst dem Maschinisten oder anderen Trupps zu.
In der Schule angekommen erhalten wir unsere Atemanschlüsse, die uns den Lehrgang über begleiten werden sowie einen Pressluftatmer für den heutigen Ausbildungstag. Nach dem Anlegen der Schutzkleidung geht es dann auch schon fast los. Der gesamte Lehrgang versammelt sich vor dem alten Steigeturm auf dem Hof der Feuerwache 5 in Weidenpesch. Da wir mit 10 Teilnehmern im Lehrgang vertreten sind, haben wir zwei zusätzliche Mitglieder in der Löschgruppe. Der Schlauchtrupp besteht heute somit – wie der reguläre Angriffstrupp in Köln – aus drei Mitgliedern, zusätzlich wird die Position des Melders besetzt. Nach einer kurzen Einweisung in die Bedienung der Fahrzeugpumpe bleiben noch wenige Minuten, um sich mit dem Fahrzeug und dessen Beladung vertraut zu machen. Wo liegen welche Schläuche? Wo finde ich die Feuerwehr-Axt, welche und wie viele Strahlrohre haben wir zur Verfügung? Die restliche Wartezeit verstreicht mit der Suche nach dem nächsten Hydranten. Neben einem defekten Überflurhydranten fällt ein Unterflurhydrant neben dem Übungsturm aus. Im Ernstfall wäre er zu nah am Brandherd um eingesetzt werden zu können. Fündig werden wir am anderen Ende des Hofes, im Kopf wird schnell die auf der Haspel befindliche Schlauchlänge auf den Weg verteilt … das sollte passen.

Die in der ersten Übung in den Angriffstrupp eingeteilten Lehrgangsteilnehmer – allesamt von der Löschgruppe Holweide
„Brandbekämpfung“ im dritten Obergeschoss des Steigeturms.
rüsten sich mit umluftunabhängigem Atemschutz aus, wir stellen uns hinter dem Fahrzeug auf … und ab geht’s. Der erste Angriffsbefehl sieht die Vornahme der dreiteiligen Schiebleiter und das dritte Obergeschoss des Steigeturms als Ziel für den Angriffstrupp vor. Dem Schlauchtrupp wurde der Aufbau der dreiteiligen Schiebleiter zugeteilt, der Melder unterstützt dabei als vierter Mann. Während auch der Wassertrupp seiner Arbeit nachgeht, verlegt sich der Angriffstrupp seine Schlauchleitungen vom Fahrzeug aus selbst zur Einsatzstelle. Ungefähr zu der Zeit, als der Angriffstrupp die Leiter besteigt, meldet sich der Wassertrupp beim Einheitsführer, der auf dem Fuße die Brandbekämpfung im zweiten Obergeschoss unter Vornahme der vierteiligen Steckleiter befiehlt. Der Melder unterstützt auch hier wieder bei der Vornahme der Leiter. Nachdem die Leiter in Position ist, rüstet sich der Wassertrupp ebenfalls mit PA aus und beginnt den Aufstieg über die Leiter. Der Schlauchtrupp wurde währenddessen zur Brandbekämpfung in das erste Obergeschoss befohlen – sein Zugangsweg: Der Treppenraum. Währenddessen hat der Maschinist nebenbei noch für die Absicherung der Einsatzstelle gesorgt und der Melder hat in seiner „Freizeit“ das benötigte Material in aus den Geschossen herabgeworfene Feuerwehrleinen eingebunden, damit die Trupps mit Material versorgt werden können. Mit Wasser an allen drei vorgenommenen Rohren ist unsere erste Übung damit beendet und der Befehl „Zum Abmarsch fertig“ läutet das Aufräumen ein.

Zwischenzeitlich gibt der Ausbilder eine kurze Manöverkritik ab, bei der jedoch die Zufriedenheit überwiegt. Im Verlauf des Vormittags haben wir die Übung am Turm drei weitere Male
Hier trügt der Schein: Der Maschinist (rechts) hat bei dieser Übung alle Hände voll zu tun.
wiederholt, wobei die Positionen in den Trupps durchgetauscht wurden. Jedes Mal wurden wir besser, jedes Mal schneller, bis am frühen Nachmittag die Zeit für die Mittagspause gekommen ist.

Kurz vor der Übung zum Innenangriff.
Nach der Mittagspause wechselt das Programm. Der Außenangriff zur Brandbekämpfung ist vergessen, nun steht der Innenangriff mit Menschenrettung auf dem Lehrplan. Vorgehen wie in der Theorie besprochen, einfach gut sein, einfach mal machen. Also los.

Hereinspaziert: Im Pionierlager finden sich viele Ecken, in denen eine vermisste Person zu finden sein könnte.
Der Angriffsbefehl des Einheitsführers entsendet den Angriffstrupp durch die rechte Türe am Pionierlager der Feuerwehr Köln ins Gebäudeinnere. Ab dem Eingang hindert eine auf das Sichtfenster des Atemanschlusses aufgeklebte Folie die Sicht. Kontraste verwischen, Umrisse kann man erst recht nicht erkennen. Nur die neongelben Leuchtstreifen der Schutzkleidung des Vordermannes sind Lotsenpunkte auf dem Weg in die bis dahin unbekannte Halle. Wenig später erhält der Wassertrupp – alle drei Lehrgangsteilnehmer unserer Löschgruppe – ebenfalls den Befehl zur Menschenrettung. Linker Eingang, linke Wandseite, PA anlegen, bei der Atemschutzüberwachung anmelden, ab ins Gebäude. Vorsichtig tastet man sich vorwärts, bis der Schlauch hängt. Es folgt ein kurzes Nachziehen des Schlauches, es geht weiter. Kurz zumindest. Nun hat sich der Schlauch vollends verhakt. Da es um die Suche nach vermissten Personen geht, verbleibt der Schlauch an Ort und Stelle. Auf Höhe des
Der Sicherungstrupp eskortiert einen verunglückten Truppmann nach draußen.
Strahlrohres wird eine Feuerwehrleine zur Rückzugswegsicherung angeschlagen, die Suche wird an der Leine fortgesetzt. Über Funk brüllen diverse Meldungen durch die Luft, darunter auch das „Mayday“ des ersten Angriffstrupps. Einer der Truppmänner ist ausgefallen, der Sicherungstrupp auf dem Weg zu ihm. In unserem Trupp wird fast zeitgleich eine der vermissten Personen gefunden. Der Truppführer gibt seine Rückmeldung ab, wir machen uns Leine und Schlauch folgend auf den Weg zum Ausgang. Es wird wieder heller, bis eine Hand uns plötzlich die Folie von der Maske reißt. Endlich wieder freie Sicht – ein echter Luxus.

Die beiden „vermissten Personen“: Für sie kam jede Hilfe zu spät.
Mit Abschluss dieser Übung findet auch der erste Ausbildungstag sein Ende, nachdem die Pressluftatmer wieder einsatzbereit gemacht wurden. Doch der Kalender zeigt den 14. November an – damit ist noch lange nicht Schluss für heute. In Libur findet der Sankt-Martins-Zug statt. Während wir in der Schule waren, haben die Kameraden unserer Löschgruppe bereits allerhand vorbereitet, damit der Zug gelingt. Wir stoßen ab 17 Uhr zu den Vorbereitungen dazu und merken nach dem Zug deutlich, dass der Tag einiges an Kraft gekostet hat.

Nach der Übung: Begehung der Räumlichkeiten, die man eben noch ohne Sicht „erkrabbelt“ hat.
Nachdem nun eine Woche vergangen ist, steht der zweite Samstag voll Ausbildung an, der auch die praktische Prüfung des Ausbildungsmoduls enthält. Als Aufwärmtraining absolvieren wir zweimal die Turmübung. Jeder macht sein Ding, alles läuft fast reibungslos. Nun steht eine weitere Übung im Innenangriff an, auch diese gelingt problemlos. Der Zeitplan am heutigen Tag ist sportlich. Aufräumen, kurze Pause, Prüfung.

Die Übung am Turm und der Innenangriff laufen auch unter Prüfungsbedingungen fast komplikationslos ab. Unsere drei Jungs aus Libur – im Innenangriff wieder als zweiter Angriffstrupp auf der Suche nach vermissten Personen –
Prüfungssituation: Der erste Angriffstrupp hatte sein Schlauchende erreicht – weiter geht es an der Leine.
tasten sich rasch im Gebäude vor und zwischen den Hindernissen hindurch, finden eine vermisste Person und machen sich auf den Weg zum Ausgang. Während des Rückwegs folgt ein Moment des Schreckens, als die Übung durch den Ausbilder abgebrochen wird. Hat jemand etwa einen gravierenden Fehler gemacht? Zum Glück nicht.
Nach einer Übung: Vereistes Flaschenventil – der Beweis für die Existenz der Expansionskälte!
Vor dem Gebäude steht den Lehrgangsteilnehmern anschließend die „Prüfungskommission“ in Form von Peter Schmidt gegenüber und verkündet, dass der Lehrgang von allen Teilnehmern bestanden wurde.

Mit Abschluss dieses Ausbildungsmodul hat Christian Steinert die Grundausbildung bei der Feuerwehr Köln komplett abgeschlossen. Herzlichen Glückwunsch dazu! Patrick Neumann und Daniel Schuboth müssen noch ein weiteres theoretisches Ausbildungsmodul durchlaufen, dann sind auch sie „durch“.
Autor: Daniel Schuboth

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